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Was sind die Aufgaben eines Bürgermeisters?

Der Bürgermeister ist Leiter der Gemeindeverwaltung (Hauptverwaltungsbeamter), rechtlicher Vertreter der Gemeinde, Vorsitzender im Gemeinderat, Vertreter der Bürgerschaft sowie Repräsentant und Vertreter des Rates

In der Ausgabe vom 25. April 2020 veröffentlichte die Lippische Landeszeitung ein Interview mit dem scheidenden Bürgermeister von Blomberg, dem geschätzten Klaus Geise. In dem Untertitel des Berichts hieß es "Sein Nachfolger müsse gerade nach der Pandemie Verwaltungsprofi sein, meint er". Und im Interview sagt Klaus Geise den Satz "Der neue Bürgermeister oder die Bürgermeisterin sollte allerdings wirklich was von Verwaltung verstehen."

Klaus Geise ist ein gestandener Verwaltungsmann mit sehr langer Berufserfahrung. Da liegt es nicht fern, dass er diese Auffassung vertritt - so wie ein Malermeister in der Regel der Meinung sein wird, dass ein Malerbetrieb von jemandem geführt werden sollte, der sein Handwerk versteht; oder wie Fußballfreunde meistens der Auffassung sind, dass der Trainer einer Fußballmannschaft die Sportart seiner Spieler beherrschen sein sollte.

Zwar ist der Bürgermeister immer auch Leiter der Gemeindeverwaltung, ist von der Dienststellung her Beamter und wird auch als 'Hauptverwaltungsbeamter' bezeichnet; man kann aber auch zum Bürgermeister gewählt werden, ohne eine Verwaltungsausbildung und ohne Verwaltungserfahrung zu haben.

Warum ist das so? Um das zu verstehen, hilft ein Blick in die Geschichte: Früher gab es in den Kommunen die sog. Doppelspitze. Diese bestand aus einem hauptamtlichen Gemeindedirektor und einem ehrenamtlichen Bürgermeister. Die letzten ehrenamtlichen Bürgermeister Augustdorfs waren Kurt Wistinghausen und Heinrich Wieking, die letzten Augustdorfer Gemeindedirektoren waren Adolf Steffen und Peter Hufendiek - der erste ein gestandener Verwaltungsmann mit der geforderten Beamtenausbildung, der zweite ein Volljurist.

Der Gemeindedirektor war der Leiter der Gemeindeverwaltung. Er organisierte die Verwaltung, war Dienstvorgesetzter der Bediensteten der Gemeinde und leitete und verteilte die Dienstgeschäfte im Rathaus. Der ehrenamtliche Bürgermeister war hingegen der Repräsentant der Gemeinde und der Vorsitzende im Gemeinderat. Beide wurden vom Gemeinderat bestellt bzw. gewählt.

In den 1990er Jahren wurden beide Ämter in einer Person, dem hauptamtlichen Bürgermeister, zusammengeführt. Seit 1999 wählen die Bürger den Bürgermeister direkt. Der Bürgermeister nimmt die Aufgaben wahr, die sich früher der Gemeindedirektor und der ehrenamtliche Bürgermeister geteilt haben. In Augustdorf endete die Trennung der Aufgaben mit der Wahl des damaligen Gemeindedirektors Peter Hufendiek zum Bürgermeister.

Wie der frühere Gemeindedirektor ist der hauptamtliche Bürgermeister seitdem Hauptverwaltungsbeamter, Leiter der Gemeindeverwaltung und Vorgesetzter der Gemeindebediensteten. Insbesondere in kleinen Kommunen ist die Leitung der Verwaltung zeitlich gesehen in der Regel der Aufgabenschwerpunkt. Bürgermeister kleinerer Kommunen werden manchmal auch als oberste Sachbearbeiter bezeichnet. Immer wieder müssen sie Verwaltungsvorgänge oder Rechtsfragen selbst bearbeiten. Für die Aufgabenwahrnehmung ist es daher außerordentlich hilfreich, wenn ein Bürgermeister Verwaltung kann. Das gilt umso mehr, je kleiner die Kommune ist.

Während der Verwaltungsleiter, als er noch Gemeindedirektor hieß, zwingend eine entsprechende Ausbildung haben musste, ist das heute, wo er als Bürgermeister bezeichnet wird, nicht mehr erforderlich. Naturgemäß wird und wurde das immer wieder kontrovers diskutiert.

Über die Verwaltungsleitung hinaus ist der Bürgermeister heute auch Vorsitzender im Gemeinderat und im Haupt- und Finanzausschuss, rechtlicher Vertreter der Gemeinde und Repräsentant von Bürgerschaft und Rat.

Weit verbreitet ist die Annahme, der Bürgermeister können wichtige Angelegenheiten der Gemeinde alleine entscheiden. Tatsächlich ist aber der Rat das Gremium der Gemeinde, das die wichtigsten Entscheidungen trifft - und dafür auch die Verantwortung trägt. Als Chef der Gemeindeverwaltung bereitet der Bürgermeister die Beschlüsse des Rates vor. Wenn der Rat einen Beschluss gefasst hat, dann setzt der Bürgermeister diese mit seiner Gemeindeverwaltung um. Im Gemeinderat hat der Bürgermeister eine von 27 Stimmen.

Meine eigene Verwaltungslaufbahn begann vor 20 Jahren mit dem Vorbereitungsdienst für den höheren Verwaltungsdienst, auch 'Referendariat' genannt. Dieses endete im Jahr 2002 mit der Großen Staatsprüfung und der Verleihung des Rechts, den Titel "Assessor" zu tragen. Ich arbeitete dann 2 Jahre als Dezernent bei der Bezirksregierung Arnsberg, bevor ich 2004 - Dank Ihnen! - meinen Dienst für die Gemeinde Augustdorf aufnahm. Sie werden verstehen, dass ich die Einschätzung von Klaus Geise vor dem Hintergrund meiner eigenen Erfahrungen gut nachvollziehen kann.

Herzliche Grüße,
Ihr Andreas J. Wulf